Es ist wohl bekannt, dass Trans*-Personen in den Medien noch immer unterrepräsentiert sind. Dennoch scheint es, als würde speziell die Film- und Fernsehindustrie immer mehr Trans*-Charaktere in ihre Geschichten einbauen. Laut der Organisation GLAAD finden sich 2018 insgesamt 26 wiederkehrende Trans*-Charaktere in Serien, das sind neun mehr als im Vorjahr. Das ist prinzipiell erfreulich, dennoch gibt es auch immer wieder Kritik. Häufig bezieht sie sich auf die Auswahl der Darstellenden. Denn in bekannten Filmbeispielen wie „The Danish Girl“, „Alle Farben des Lebens“ oder „Dallas Buyers Club“ spielen cis-Darstellende die vorkommenden Trans*-Charaktere. Dabei kommt immer wieder die Frage auf, ob Trans*-Charaktere nicht ausschließlich von trans*-Darstellenden gespielt werden sollten.

Aktuell wurde die Debatte erneut entfacht, als die Schauspielerin Scarlett Johansson für den Trans*-Charakter Dante „Tex“ Gill in dem Film „Rub & Tug“ ausgewählt wurde – und nach Protesten auf den sozialen Medien die Rolle schließlich wieder abgab.

In einem Statement gegenüber dem US-Magazin „Out“ erklärte sie schließlich, sie verstünde, warum der Charakter von einer Trans*-Person dargestellt werden sollte. Für Furore sorgte jedoch insbesondere dieses Zitat von Scarlett Johansson: „Als Schauspielerin sollte ich jede Person, jeden Baum oder jedes Tier spielen dürfen, denn das ist mein Job und die Anforderung meines Jobs.“

Ja, ich muss ihr Recht geben, wenn sie sagt, sie sollte als Schauspielerin jede Rolle spielen können und dürfen. Eine authentische Darstellung des gespielten Charakters sollte durch schauspielerisches Können, unabhängig von cis oder Trans* Hintergrund, gesichert sein. Cis-Darstellenden pauschal vorzuwerfen, sie könnten sich nicht genug in die Geschichten von Trans*-Rollen einfühlen, um diese glaubhaft darzustellen, wäre falsch. Dann wären sie schlechte Schauspieler*innen, ganz unabhängig von ihrer eigenen Geschlechtsidentität.

Doch die Wahl der Darstellenden für Trans*-Charaktere geht weit über schauspielerische Fähigkeiten und authentische Darstellung hinaus. Es geht um Kontrolle der Erzählweisen, Empowerment der Trans*-Community, um Macht über die eigenen Geschichten und um Botschaften an die Zuschauenden, cis wie trans*. Diese Einsicht hatte auch der Schauspieler Jeffrey Tambour, der ab 2014 die Rolle der trans*-Frau Maura Pfefferman in der TV-Serie „Transparent“ Spielte. Er sagte, als er einen Emmy für diese Rolle entgegennahm: „Give them their story“. Er erkannte also, dass Trans*-Menschen diese Geschichten gehören. Sie kämpfen täglich um Anerkennung in einer Welt, in der ein cis-Hintergrund viel zu oft als die einzig existierende Realität gesehen wird.

Wenn Geschichten über Trans*-Menschen Aufmerksamkeit bekommen sollen, sollten sie die Erzählweise in ihrer Hand haben. Einerseits, um eine respektvolle Darstellung – möglichst frei von Klischees und Vorurteilen – sicherstellen zu können, aber auch um eine Plattform zu haben, um ihre Geschichten selbst zu erzählen. Denn cis-Menschen sollten nicht aus der Machtposition heraus von der Trans*-Community erzählen. Eine Minderheit unterstützt man, indem man ihre Stimmen verstärkt, nicht indem man an ihrer Stelle spricht. Außerdem werden wichtige Botschaften an die Zuschauenden gesendet, wenn Trans*-Darstellende in Filmen vorkommen. Werden nämlich cis-Darstellende für die Rollen gewählt, kann es bei Zuschauenden, die keine Berührungspunkte zur Trans*- Community haben, auch leicht zu Fehlinterpretationen kommen. Spielt zum Beispiel ein cis-Mann eine Trans*-Frau, wie es im Film „Anything“ von 2018 der Fall ist, in dem Matt Bomer die Rolle Freda Von Rhenburg darstellt, steckt hinter dem weiblichen Charakter dann eben ein Mann, der sich verkleidet. Genau dies spiegelt leider viele der Vorurteile gegenüber Trans*-Personen wider und vermittelt ein falsches Bild. Doch sie Verkleiden sich nun mal nicht.

Wir brauchen Filme, die die Geschichten der Trans*-Community erzählen, und cis-Menschen, die dies unterstützen. Doch um die Lebensrealität der Community auch wirklich zu respektieren, sollen doch bitte Trans*-Darstellende Trans*-Charaktere porträtieren dürfen. Nur so ist es möglich, dass diese Geschichten ihr volles Potential auch wirklich erreichen.

Dieser Kommentar ist zuerst in der Herbst-Ausgabe der out! erschienen. Vielen Dank an den Autoren: Aaron Auchter!