Seit dem 1. März ist Kim Alexandra Trau die neue Geschäftsführerin des Bundesverbands Lambda. Fabian sprach im Doppel-Interview mit ihr und ihrem Vorgänger Sascha Rewald über Abschied und Anfang, Erinnerungen, Visionen und große Pläne nach Corona.

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? Sascha, was möchtest du Kim als neue Geschäftsführerin mit auf den Weg geben?

Sascha: Das Besondere bei Lambda ist, dass man junge Leute unterstützt und darin begleitet, ihren Verband gut gestalten zu können. Und das ist etwas, wofür man unglaublich viel Geduld braucht, aber man wird auch sehr belohnt, wenn es dann klappt. Ich finde, das ist total wertvoll. Dafür braucht man auch mal ein bisschen Mut zu unkonventionellen Lösungen. Gerade bei Lambda ist es gut, noch dreimal um die Ecke zu denken.

? Kim, davor warst du Jugendbildungsreferentin in der Akademie Waldschlösschen. Was nimmst du von dort mit in deine Arbeit bei Lambda?

Kim: Jetzt hätte ich fast gesagt, das Mädchen für alles zu sein. Aber das hat ja als Begriff nicht den schönsten Nachhall. Ich glaube: Generalistin zu sein. Im Waldschlösschen beziehst du auch schon mal das Bett für einen Gast oder musst konzeptionelle Arbeit machen, Anträge schreiben, mit Zahlen und Geld umgehen und kommunizieren können. Dazu die Netzwerkarbeit, selber Veranstaltungen konzipieren und passende Methoden überlegen. Das ist wirklich ein Blumenstrauß an Dingen, die man in einer Bildungsstätte macht. Das nehme ich mit.

? Was seht ihr beide in Corona-Zeiten als größte Herausforderung für Lambda?

Kim: Ich sehe die Gefahr, dass sich junge Menschen nicht mehr selbst vertreten können. Wir sehen bei Corona, wie selten junge Menschen in Talkshows oder Interviews gefragt wurden. Das hat mich immer wieder entsetzt. Wenn es um das Thema Schule ging, wurden immer die Lehrer*innen-Verbände gefragt. Mir fällt eine Unaufmerksamkeit gegenüber jungen Menschen auf. Bei „Fridays For Future“ haben wir mal gesehen, wie es aussehen kann, wenn junge Menschen sich ungefiltert äußern.

Sascha: Politisch geht es bald wieder ums Transsexuellengesetz, also die Frage, wann das endlich abgeschafft wird und wodurch es ersetzt wird. Da hat sich Lambda stark mit ins Boot geworfen. Wir haben die Positionen vertreten von jungen Queers, sowohl von Minderjährigen als auch von denen, die von ihren Eltern abhängig sind, obwohl sie über 18 sind. Ich finde, dass es eine große Aufgabe für Lambda ist, sich bei solchen bundespolitischen Themen als Jugendverband stark zu machen. Das wird in diesem Jahr weitergehen und da werden neue Gesetze verabschiedet. Da kann Lambda versuchen, dafür zu sorgen, dass etwas bei rauskommt, was auch jungen trans* Personen nützt.

Unter Corona-Bedingungen ist die Herausforderung, dass wesentliche Teile unseres Programms gerade nicht funktionieren. Eigentlich geht es darum, sich zu treffen, um internationale Begegnungen, um Austausch. Im letzten Jahr mussten alle internationalen Begegnungen ausfallen. Da wird sich erst noch zeigen, was in diesem Jahr möglich sein wird. Auf jeden Fall gilt es zu vermeiden, in einen Strudel aus Planen und Absagen zu kommen. Das ist eine Riesenherausforderung. Zum Glück haben wir letztes Jahr schon Erfahrungen gesammelt, andere, digitale Formate zu entwickeln.

? Trotz aller Ungewissheit: Worauf freust du dich, Kim?

Kim: Ich freue mich darauf, junge Menschen dabei zu unterstützen, ihr Ding zu machen. Und ich freue mich auch auf die Verantwortung, die ich habe. Und als Wahl-Berlinerin auch auf Berlin. Außerdem auf die vielen neuen Themen. Ich bin davon überzeugt, dass gerade queere junge Menschen dafür stehen, wie Gesellschaft sich langfristig entwickeln wird. Ich finde es super spannend, dadurch zu wissen, in was für einer Welt ich mal leben werde, denn das ist die Zukunft, und das finde ich toll.

? Sascha, du warst ziemlich genau drei Jahre in der Geschäftsführung und hast viel angestoßen und erlebt. Gibt es ein paar Momente, an die du dich ganz besonders erinnerst?

Es gab so einen Super-Ober-Spezial-Moment, den hat man nur einmal im Leben: Als die Bundesfamilienministerin bei In&Out zu Besuch war. In der Vorbereitung war das spannend, weil ich das Bundeskriminalamt am Telefon hatte und die gefragt haben, ob das denn ein sicherer Ort sei oder ob sie Personenschutz braucht. Ich hatte versucht, Kontakte im Ministerium zu pflegen und das hatte für Lambda einen richtig schönen Effekt.

Ich habe außerdem sehr viele Vorstandsklausuren miterlebt und begleitet. Das waren intensive Wochenenden mit tollen Leuten, wo wir viel besprochen, auch gestritten und gestaltet haben. Eine Veranstaltung hat mich total gerührt: Das „jung und trans* Festival“ im Winter 2019 mit 30, 40 jungen trans* Leuten. Ich bin selbst seit 20 Jahren Trans*-Aktivist und das war die übernächste Generation. Das war ein super schönes Erlebnis.

Und dann gab’s noch einen Verbandsrat, wo Conny ihr 20-jähriges Dienstjubiläum gefeiert hat. Da kamen Leute, die vor Jahren oder Jahrzehnten bei Lambda waren, das war spannend. Was wir im vergangenen Jahr nicht hatten, war das Lambda Jubiläum, aber ich bin mir sicher, dass das nachgeholt wird, und ich freue mich schon darauf.

? Kim, was sind deine inhaltlichen Schwerpunkte für Lambda?

Kim: Ich habe darüber nachgedacht, was ich als die nächsten großen Herausforderungen sehe, auch abseits von Corona. Einen Fokus möchte ich setzen auf die leeren Flecken in Deutschland, wo es keinen Lambda-Landesverband und auch eine sehr dünne Personaldecke gibt. Wenn man wenig Human Power hat, dann ist das für alle sehr anstrengend und stressig. Da möchte ich ran: Anträge stellen und zusammen mit jungen queeren Menschen schauen, welche Projekte wir dort entwickeln könnten, über die wir auch Leute anstellen können.

Eine andere Sache ist eine bundesweite Vernetzung. Zum Beispiel einmal im Jahr eine riesengroße Veranstaltung mit jungen queeren Menschen aus ganz Deutschland. Das ist durch Corona natürlich erst einmal in Ferne gerückt, aber vielleicht kriegen wir das gerade im nächsten Jahr hin als großes Fest, um zu sagen: Jetzt können wir uns alle endlich wiedersehen. Vielleicht verbinden wir das mit dem Jubiläum. Das werden wir in nächster Zeit sehen.

Ich glaube, dass es bei einem Jugendverband wie in jeder Organisation immer Baustellen geben wird. Das ist auch gut so. Sonst wird ein Verband auch nicht 30 Jahre alt. Er wird so alt, weil er sich immer wieder verändert und auch immer wieder neu herausgefordert und an die Gegenwart angepasst hat. Das ist wichtig.

? Das sind tolle Ideen! Wir müssen ja groß und an eine Zukunft ohne Pandemie denken.

Danke, Sascha und Kim, für das Gespräch. Alles Gute!


Von links nach rechts: Fabian Schäfer, Sascha Rewald, Kim Alexandra Trau